20/09/2022 | Einfamilienhäuser und kleine Wohngebäude | Flächenheiz-und-Kühlsysteme
Andrea Bighinzoli - Giacomini S.p.A., Stefano P. Corgnati, Carola Lingua, Maria Ferrara - Dipartimento di Energia, Politecnico di Torino
Die ehrgeizigen Ziele, die sich die Europäische Kommission für die Dekarbonisierung des Bausektors gesetzt hat, können heute durch den groß angelegten Einsatz von Niedrigstenergiegebäuden (NZEB) erreicht werden. In NZEB-Gebäuden kann das Ziel, den Energieverbrauch und die damit verbundenen CO2-Emissionen zu reduzieren, bereits in der Konzeptionsphase durch die Verbindung von Gebäudehüllen mit angemessener Leistung und effizienten Heizungs- Lüftungs- und Klima--Systemen, die mit Technologien zur Erzeugung erneuerbarer Energien integriert sind, leicht erreicht werden. Diese Konzepte bilden die Grundlage der Richtlinie 2010/31/EU [1], auch bekannt als Neufassung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, mit der nicht nur das NZEB-Konzept zum ersten Mal eingeführt wurde, sondern auch ein Rahmenwerk für eine vergleichende Methodik, das den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Mindestenergieeffizienz von NZEBs als Orientierungshilfe dient, um kostenoptimale Werte zu erreichen. Diese Methodik ermöglicht es, verschiedene Energieeffizienzlösungen zu bewerten, wobei nicht nur die technischen Variablen (unter architektonischen und energetischen Gesichtspunkten), sondern auch die wirtschaftlich-finanziellen Variablen in Bezug auf Investitions-, Wartungs-, Verwaltungs- und Entsorgungskosten berücksichtigt werden.
In diesem Artikel werden die Auswirkungen der Verwendung verschiedener Heizungs- Lüftungs- und Klima-Systemalternativen in Kombination mit unterschiedlichen Wärmedämmungsniveaus auf die Leistung eines Einfamilienhauses analysiert. Bei dem ausgewählten Gebäude handelt es sich um eine repräsentative Fallstudie, die bereits in der Literatur vorgestellt wurde [2], für die 9 Planungsalternativen untersucht wurden, die durch die Kombination von 3 ansteigenden Dämmungsniveaus der Gebäudehülle und 3 verschiedenen Energiesystemarchitekturen bestimmt wurden.
Die 9 erstellten „Hülle + System“-Alternativenpakete werden insbesondere durch einen Energieleistungswert (ausgedrückt als Primärenergiebedarf [kWh/m2] ohne den Beitrag erneuerbarer Energiequellen) und durch einen entsprechenden Gesamtkostenwert, ausgedrückt in €/m2, charakterisiert, der anhand der im folgenden Kapitel erläuterten Methodik ermittelt wird.
Das Ziel der Studie ist also die Anwendung der kostenoptimalen“ Methodik zur Bewertung und zum Vergleich von Alternativen für energetische Sanierungsmaßnahmen, um die Alternativen zu ermitteln, die zu einer Senkung der Kosten im Lebenszyklus des Gebäudes führen und gleichzeitig ein gutes Energieleistungsniveau erreichen.
Die kostenoptimale Methodik wurde mit dem Ziel entwickelt, die energetischen Auslegungskonfigurationen zur Erreichung eines „kostenoptimalen“ NZEB zu identifizieren. Die Methode kann allgemein, als Entscheidungshilfe verwendet werden, die dem Planungsteam und/oder dem Kunden während des gesamten Planungsprozesses als Entscheidungshilfe dient. Die kostenoptimale Analyse ermöglicht den Vergleich der energetischen (kWh/m2) und wirtschaftlichen (€/m2) Leistung verschiedener Entwurfskonfigurationen und die Identifizierung einer oder einer Reihe von Lösungen, die in den so genannten Kostenoptimalitätsbereich fallen. In diesem Bereich befinden sich also Entwurfskonfigurationen, die gemäß der Definition der Europäischen Kommission durch eine „Energieeffizienz gekennzeichnet sind, die zu den niedrigsten Kosten während des geschätzten wirtschaftlichen Lebenszyklus des Gebäudes führt“.
In der vorliegenden Studie wurde die Bewertung der Energieleistung mit der dynamischen Simulationssoftware Energy Plus [3] durchgeführt, während die Kostenbewertung nach der in EN 15459: 2007 [4] beschriebenen Methode der Gesamtkosten erfolgte.
Im Einzelnen wurde der globale Kostenindikator für jede unterschiedliche Energiekonfiguration bestimmt. Diese Gesamtkosten ergeben sich aus der Schätzung des Nettogegenwartswertes aller über einen bestimmten Berechnungszeitraum anfallenden Kosten unter Berücksichtigung der Restwerte der Komponenten, die eine längere Lebensdauer als den definierten Berechnungszeitraum haben. Die Gesamtkosten werden daher ermittelt, indem alle abgezinsten Kosten unter Berücksichtigung eines angemessenen Abzinsungssatzes, der von der Entstehungszeit der Kosten abhängt, einschließlich der anfänglichen Investitionskosten, der periodischen Ersatzkosten, der jährlichen Wartungskosten und der jährlichen Energiekosten, addiert und vom Endwert abgezogen werden, wie in der folgenden Gleichung (1) dargestellt:

wobei Cg(τ) die Gesamtkosten bezogen auf das Anfangsjahr τ0, CI die anfänglichen Investitionskosten, Ca,i (j) die jährlichen Kosten für die Komponente j im Jahr i (einschließlich Bewirtschaftungs-, periodische und Wiederbeschaffungskosten), Rd (i) der Diskontsatz für das Jahr i, Vf,τ (j) der Endwert der Komponente j am Ende des Berechnungszeitraums (bezogen auf das Anfangsjahr τ0) sind.
Die Fallstudie: das Einfamilienhaus in Piemont, Italien
Das Gebäude, das als Referenz für die Entwicklung der Analysen verwendet wurde, ist ein Fallbeispiel für NZEB, das in der Literatur bereits hinsichtlich seiner Konstruktion und Leistung analysiert wurde und als repräsentativ für NZEB-Gebäude in der italienischen Region Piemont angesehen werden kann [5,6]. Es handelt sich um ein Einfamilienhaus mit einer Nutzfläche von ca. 140 m2, das in der Klimazone E (gemäß der italienischen Klimazonenklassifizierung) liegt.
In Bezug auf die Konfiguration der Energiesysteme wurden 3 Alternativen definiert:
In der folgenden Tabelle ist die Kopplungsmatrix zwischen den Dämmungsniveaus und den Energiesystemarchitekturen dargestellt, wobei die Codes für die neun untersuchten Konfigurationsalternativen stehen. Insbesondere der Fall 1A stellt die Grundlinie dar (auch Referenzgebäude genannt).
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Tabelle 1 - Codes für die 9 untersuchten Konfigurationsalternativen
Die folgende Abbildung zeigt das sogenannte „kostenoptimale“ Diagramm für die untersuchten Lösungen. Jeder Punkt im Diagramm steht für eine der zuvor definierten Entwurfskonfigurationsalternativen. Die Linie, die die Lösungen von 1A bis 3C interpoliert, ist die sogenannte „globale Kostenkurve“, deren Minimalpunkt der sogenannte kostenoptimale Punkt ist und der Alternative 2C entspricht.
Aus der Analyse der Abbildung geht hervor, dass die Konfigurationen, bei denen der Systemtyp C (reversible Wärmepumpe mit Flächenheizung) verwendet wird, auf der Kostenoptimalitätskurve mit höheren Energieleistungswerten liegen. Darüber hinaus ist der Optimalpunkt 2C durch ein mittleres Wärmedämmungsniveau gekennzeichnet, und es zeigt sich, dass eine weitere Erhöhung des Dämmungsniveaus, siehe Fall 3C, zum Verlassen des Kostenoptimalitätsbereichs mit einem globalen Kostenanstieg führt, der noch höher ist als im Fall 1C (Basisdämmungsniveau).
Die Tendenzen, die in der „kostenoptimalen“ Kurve aufgezeigt werden, lassen sich auch durch die Analyse verschiedener Strahlungspaneellösungen erhalten, wobei auch Zwischendecken berücksichtigt werden: die Anwendung dieser Lösung zeigt ein wachsendes Interesse auf dem Markt, nicht nur im tertiären Sektor, sondern auch im Wohnbereich. Natürlich hängt das Wertepaar (Energieleistung; Gesamtkosten), das jede spezifische Lösung charakterisiert, von der Klimazone des Gebäudes ab, wobei die entsprechende Heizung und Kühlung mit den Erwartungen der Bewohner in Einklang gebracht werden muss: Lösungen können von der „totalen Strahlung“ für Heizung/Kühlung mit Entfeuchtung bis hin zu „hybriden“ Konfigurationen mit Flächenheizung und Gebläsekonvektoren für die Kühlung in Hochsommerzeiten reichen.
Die durchgeführte Analyse hat gezeigt, dass die kostenoptimale Analyse ein wirksames Instrument für den Vergleich verschiedener energetischer Auslegungsalternativen für Gebäude ist, wobei sowohl ein energetischer (im Sinne von Primärenergie) als auch ein wirtschaftlich-finanzieller Indikator (die Gesamtkosten) bewertet wird.
Die Untersuchungen, die an einer repräsentativen Fallstudie für ein Einfamilienhaus durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass die Planungsalternativen mit dem Systemtyp „Wärmepumpe und Flächenheizung“ „kostenoptimale“ Lösungen sind und dass die optimale Planungskonfiguration durch einen angemessenen und ausgewogenen Wert der Wärmedämmung gekennzeichnet ist, was der Tendenz zur Superisolierung entgegensteht.
Ähnliche Ergebnisse können bei der Analyse verschiedener Konfigurationen von Strahlungspaneelen erzielt werden, wobei sowohl Boden- als auch Zwischendeckenlösungen verwendet werden.